Teil 6. Humus für den Klimaschutz
Neben Corona wird unser Leben dieses Jahr vom Klimawandel bestimmt. Belegt ist, dass die Durchschnittstemperaturen weltweit in den letzten zehn Jahren um mehr als 1,5 Grad gestiegen sind. Die Folgen sind verheerend. Die Auswirkungen auf den Weinbau erforscht u.a. Helena Ponstein, Wissenschaftlerin am DINE. Sie berichtet (in DAS DEUTSCHE WEINMAGAZIN • 15.5.2021 • 10 S 12-15.), dass es auch im Weinbau genügend Handlungsmöglichkeiten zur Eingrenzung der Erwärmung gibt. Hier vertiefen wir das Thema und fragen, ob und wie im Weinbau der Humus einen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann.
Humus ist eines der Markenzeichen für eine nachhaltige Bewirtschaftung. Bereits im Blog vom Juni gingen wir auf die Bedeutung und Entstehung von Humus ein. Zusammengefasst können wir festhalten: die organischen komplexen Moleküle im abgestorbenen Material werden entweder abgebaut oder als Humus zwischengelagert. Aber auch der zwischengelagerte Humus unterliegt dem Abbau. Und am Ende entsteht immer CO2.Wie kann da Humus zum Klimaschutz beitragen?
Situation im Weinberg
Der Humusgehalt im Weinberg liegt im Bereich von 0,5 bis 3,5 Prozent und ist stark von der Bodenart abhängig. Daneben spielt die Bewirtschaftungsform eine maßgebliche Rolle. Eine Erhöhung des Humusgehaltes kann durch Zufuhr von organischem Material erreicht werden. Das regelmäßige Mähen oder Mulchen der artenreichen Begrünung trägt allerdings nur zu einem relativ geringen Eintrag bei. In der Praxis wird durch Ausbringung von Kompost oder organischem Dünger der Humusgehalt erhöht. Langfristig betrachtet verursacht organischer Dünger keine Veränderung des Humusgehaltes. Anders sieht es allerdings bei Kompost aus. Wie Versuche an der LVWO zeigen, konnten in drei Jahren der Humusgehalt durch Ausbringung von 30 Tonnen Biokompost von 0,7 auf 2,8 Prozent angehoben werden. Bei 50 Tonnen stieg der Humusanteil um 3,6 Prozent. (Rupp,D.: Humusersatz auf einem Keuperstandort. Auswirkungen auf Boden, Rebwuchs und Wein. Deutsches Weinbaujahrbuch S. 97- 106, 2014) Hohe Kompostgaben haben aber auch negative Folgen. Hier ist insbesondere die Freisetzung von Stickstoff zu nennen. Die überhöhte Menge an Kompost in einer Menge von 50 Tonnen pro Hektar führte zu hohen Nitratgehalten im Boden. Dies bedeutet eine hohe Gefahr der Auswaschung ins Grundwasser. Bei sehr hoher Zufuhr von organischer Substanz reichern sich Humus, Nähr- und eventuell Schadstoffe, die an die organische Substanz gebunden sind, an. Dann können in Zeiten geringen Pflanzenwachstums, aber noch hoher biologischer Aktivität, zu viele Nährstoffe freigesetzt werden.
Optimal ist eine Aktivierung der im Humus gebundenen Nährstoffe dann, wenn die Rebe diese benötigt. Zwei bis drei Wochen nach der Blüte und während der Beerenreife.
Was sind Humuszertifikate? Humus hat auch eine Bedeutung für das Klima: Sinkt der Vorrat an organischem Kohlenstoff im Boden, wird das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) freigesetzt, nimmt der Vorrat zu, wird CO2-Kohlenstoff gebunden. Für den Klimaschutz ist daher insbesondere der langfristig stabile Humus wichtig. In Deutschland beträgt die aktuelle Speicherleistung für organischen Kohlenstoff von Boden (0-90 cm) und Vegetation in Wald und Landwirtschaft zusammen rund 5 Milliarden Tonnen. Den höchsten Anteil hieran haben landwirtschaftlich genutzte Böden mit rund 2,4 Milliarden Tonnen organischen Kohlenstoff in den oberen 90 cm. (https://www.thuenen.de/de/thema/boden/humus-fuer-bodenfruchtbarkeit-und-klimaschutz/>)
Die Grundidee, worauf die Humuszertifikate basieren, ist die Kompensation. Durch die Bindung von CO2im Humus kann die Emission von CO2, die z.B. bei der Verbrennung in Dieselmotoren, bei der Herstellung von Glasflaschen oder beim Heizen mit Heizöl oder Erdgas entsteht, ausgeglichen, also kompensiert, werden. Wenn die Mengen messbar und belegbar sind, dann besteht die Möglichkeit, dies durch Zertifikate zu bestätigen. Der dabei entstehende Aufwand muss wiederum durch Bezahlung ausgeglichen werden. Das bedeutet, dass die Zertifikate mit Kosten verbunden sind. Mehrere Unternehmen haben dies zur Geschäftsidee gemacht und bieten Zertifikate zum Kauf an.
Sind Humuszertifikate im Weinbau sinnvoll? Wie bereits oben beschrieben ist im Weinberg der Humusanteil grundsätzlich schwankend, abhängig von der Jahreszeit, der Entwicklung und dem Verbrauch der Reben, der Bodentemperatur und der Bodenfeuchte. Auch eine notwendige Erhöhung des Humusgehaltes ist insofern problematisch, da die Gefahr einer Nitrataustragung ins Grundwasser besteht. Auch werden die Reben bei hohem Humusanteil anfälliger gegen Botrytis und die Weinqualität lässt zunehmend nach. Um eine dauerhafte Humuszunahme nachweisen zu können, sind regelmäßig quantitative Bodenanalysen durchzuführen.
Fazit: Eine grundsätzliche Empfehlung ist nicht möglich. Das Ziel eines nachhaltigen Weinbaus ist es, einen konstanten Humusgehalt zu erzielen. Dies gelingt durch artenreiche Begrünung, weniger Bodenbearbeitung und durch Ersatz der durch die Ernte bedingten Nährstoffabfuhr mittels Kompostes oder auch organischem Dünger. Das lebendige Ökosystem Boden kompensiert langfristig Kohlenstoff und schützt so unser Klima.
Eine der Emissionsquellen in der Weinproduktion ist N2O durch Stickstoffdünger. In dieses Thema steigen wir hier im nächsten Blogbeitrag im August ein.
Gibt es Themen aus dem Bereich Artenvielfalt im Weinberg, die Sie interessieren und die wir noch nicht besprochen haben? Schreiben Sie uns Themenwünsche gerne an info@dine-heilbronn.de