MARKTWIRTSCHAFT OHNE EXTERNALISIERUNG

Von Dr. Daniel Dahm

Der 20. August 2013 war Earth Overshoot Day. (2) Dies markiert den Tag, an dem die globale Biokapazität des Planeten Erde für das gesamte Jahr 2013 durch den ökologischen Fußabdruck der Menschheit aufgezehrt ist.

Zwei Jahre zuvor, 2011, war es noch der 27. September. Der globale Overshoot (3) ist seit den 1970er-Jahren nachvollziehbar und Jahr für Jahr früher erreicht. Er dokumentiert den Abbau der planetaren ökologischen Gemeinschaftsgüter besonders anschaulich. Die Menschheit verzehrt die Substanz, die sie selber als Lebensgrundlage benötigt, indem sie die lebendigen Ressourcen des Planeten weit über ihre Regenerationsfähigkeit verbraucht.

Wie es dazu kam? Die Jahrtausende währende kulturelle und geographische Expansion der Menschheit spiegelte sich auch in einer immer weiteren wirtschaftlichen Expansion. So wurde der Zuwachs von Produktionsleistungen auf der Grundlage sich ständig erweiternder Ressourcenquellen zu einer selbstverständlichen Erfahrung erfolgreichen Wirtschaftens. Gegen Wachstum in diesem Sinne war zunächst nichts einzuwenden, denn mit der Vergrößerung des eigenen Wirtschaftsraumes vergrößerte sich auch der mögliche Ertrag. Erst in Folge des Aufeinandertreffens der Kulturräume und dann im Zuge des globalen Zirkelschlusses im 20. Jahrhundert kam es mit der Fortschreibung des bisherigen Denkens der Ökonomie zu einer Erhöhung des Produktivitätsdrucks pro Flächeneinheit. Der weiteren räumlichen Expansion war eine planetare Grenze gesetzt. Stattdessen wurde dieser Begrenzung mit einer Intensivierung der Nutzung bestehender Wirtschaftsräume und Rohstoffvorkommen entgegen gewirkt. In der Folge nahm und nimmt die biologische Produktivität pro Flächeneinheit ab, die Biokapazität (und Biodiversität) der Erde verringert sich.

Die Folge sind Verluste an Widerstandsfähigkeit – Resilienz – des planetaren Ökosystems und damit die Destabilisierung unserer Lebensgrundlagen. Zusammen mit dem durch die extensive Emission klimarelevanter Treibhausgase in die Atmosphäre ausgelösten klimatischen Wandel droht ein ökologischer Zusammenbruch des Lebenssystems Erde – der Nahrungsketten, Stoffströme, Wasserkreisläufe, Böden und Vegetationssysteme, der Ozeane, des Klimasystems und der bioökologischen Vielfalt.

Auch die unbelebten Ressourcen der Erde werden in ähnlicher Weise rasant aufgebraucht. Ein Peak-Everything steht vor der Tür; der Peak – der Höhepunkt – des Verbrauches vieler Rohstoffe ist erreicht oder bereits überschritten. Mit der Erschöpfung der für uns zugänglichen Ressourcen für die technische und industrielle Nutzung, für Produktion und Konsum ist der weiteren materiellen Steigerung von Produktion und Konsum eine absolute Grenze gesetzt, die gegenwärtig und wohl auch mittelfristig nicht technisch aufgehoben werden kann.

Die Ursachen des Konfliktes lassen sich aus verschiedenen Perspektiven begründen, historisch und in der Betrachtung der divergierenden kulturellen und gesellschaftlichen Hintergründe und politischen Entwicklungen, geographisch und ökologisch, evolutionsbiologisch, soziologisch oder auch psychologisch. Entscheidend ist, und unstrittig, dass der beschriebene Komplex (klima-)ökologischer Gefährdungen sich auf den industriell maximierten und technisch intensivierten Zugriff auf belebte und unbelebte Ressourcen, deren Entnahme, Nutzung und Verbrauch, zurückführen lässt.

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